Nachwuchsgruppe „Lehren und Lernen an der Schnittstelle zwischen Physik und Mathematik“
Die Mathematik wird oft auch als die „Sprache der Naturwissenschaften“ bezeichnet. Diese Funktion wird besonders deutlich am Beispiel der Physik. Mit Hilfe der Mathematik lassen sich physikalische Zusammenhänge oder Theorien präzise formulieren und ohne Informationsverlust effektiv kommunizieren. So lassen sich z.B. Bewegungen durch Gleichungen beschreiben und Änderungen in Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung durch Anwendung des mathematischen Konzepts der Ableitung miteinander verknüpfen. Und in der Festkörper- oder der Teilchenphysik finden beispielsweise Konzepte aus der Gruppentheorie Anwendung.
Aus naturwissenschaftsdidaktischer Sicht ist die Mathematisierung somit ein zentraler Baustein der Entwicklung naturwissenschaftlicher Kompetenz. In der Physikdidaktik kristallisiert sich zunehmend ein Konsens heraus, dass der Grad der Mathematisierung im Physikunterricht über die Sekundarstufe I langsam gesteigert werden sollte, um Schülerinnen und Schüler nicht zu überfordern. In der Sekundarstufe II sollen, insbesondere auf erhöhtem Anforderungsniveau, im Sinne der Wissenschaftspropädeutik die Grundlagen für ein mögliches Physikstudium gelegt werden, in dem die Mathematisierung dann besonders präsent ist. Trotz der recht prominenten Rolle, die die Mathematik für die Physik als Wissenschaft spielt, sind aus physikdidaktischer Sicht einige Fragen unklar, z.B.: Welche Rolle spielt die Mathematik beim Lernen von Physik, und welches Verständnis der Mathematisierung der Physik am Ende der Oberstufe ist für einen Einstieg in ein Studium notwendig?
In der Arbeitsgruppe Lehren und Lernen an der Schnittstelle zwischen Physik und Mathematik wird diesen Fragen aktuell in drei zentralen Forschungsvorhaben nachgegangen:
- Einerseits wird sich der Frage der Mathematisierung im Physikunterricht genähert, indem die Rolle eines epistemologisch umfassenderen Verständnisses physikalischer Fachkonzepte für das Erlernen dieser untersucht wird (Dissertationsprojekt Hanno Michel). Dabei wird exemplarisch an Hand des Energiekonzeptes dessen Charakteristikum als abstraktes mathematisches Konstrukt im Rahmen einer Intervention hervorgehoben und die Auswirkungen auf den Erwerb eines eher fachwissenschaftlichen Verständnisses von Energie untersucht.
- Andererseits widmet sich eine Delphi-Studie der Frage, welche mathematischen Lernvoraussetzungen Hochschullehrende von MINT-Studienanfängern, und damit auch von Studienanfängern der Physik, erwarten (Dissertationsprojekt Christoph Pigge).
- Nicht zuletzt bietet die Internationale Physikolympiade einen interessanten Rahmen zur Untersuchung der Rolle der Mathematik für die Physik, da Schülerinnen und Schüler dort mit physikalisch und mathematisch sehr anspruchsvollen Physikaufgaben konfrontiert werden (Dissertationsprojekt Eva Treiber). Hier stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit Schülerinnen und Schüler ihren Erfolg oder Misserfolg bei diesen Aufgaben eher auf ihre Mathematik- oder eher auf ihre Physikfähigkeiten attribuieren und inwieweit diese Attributionen mögliche negative Wirkungen auf affektive Merkmale, wie das Interesse an Physik oder einem Physikstudium, abfangen können.
Mittelfristig sollen so Empfehlungen für eine systematische Steigerung des Grades der Mathematisierung im Physikunterricht erarbeitet werden. Diese sollen insbesondere umfassen, welche Vorläuferfähigkeiten bereits in der Mittelstufe vorbereitet werden können, und wie die Mathematisierung in der Oberstufe umgesetzt werden sollte, um Abiturienten für ein Studium vorzubereiten und zu interessieren
Leitung: Dr. Irene Neumann
Mitglieder: Hanno Michel, Christoph Pigge, Eva Treiber
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Zugehörige Projekte:
- MaLeMINT
- WinnerS
- Nature of Science and Learning Physics